Intressantes aus der Weh Weh Weh Welt

Die Freiheit, nicht angestellt zu sein

Gatsbeitrag von Yoda [Roman Hanhart]

BuchDas Buch Wir nennen es Arbeit von Holm Friebe und Sascha Lobo beginnt mit einem kleinen Prosa-Ausschnitt von Friedrich Steinbauers Neureligiösen Heilsbewegungen in der Südesse:

Daraufhin weihten sich sämtliche Burschen und Mädchen den neuen Göttern, hörten auf zu arbeiten und zogen in ein gemeinsames Haus. Tagsüber ging man zum Baden. Nachts wurde getanzt. Der Montag galt ihnen als Ruhetag.

Mir gefällt dieser Ausschnitt, weil die Handlungen jener jungen Menschen absolut sind, keine Halbherzigkeit. Sie hören auf zu arbeiten. So wild will ich es nicht treiben, aber ich tue mich sehr schwer als Angestellter. Mittlerweile bin ich fast 43 Jahre alt und bin dem Geld noch immer so verfallen, dass ich mir Befehle erteilen lasse. Freilich, ich habe Familie und brauche Geld. Letzteres tun wir alle. Aber gibt es keine Alternativen? Ist es tatsächlich nicht möglich, das zu tun, was Spass macht und gleichzeitig über ein Auskommen zu verfügen, ohne das riesige Geldreserven vorhanden sind? Die gibt es bestimmt. Die Frage dürfte sich nicht auf die Existenz jener Alternativen fokussieren, sondern auf die damit behafteten Risiken. Hätte ich keine Familie, wäre es wohl sehr viel einfacher, praktisch von heute auf morgen die Arbeit im Geschäft an den Nagel zu hängen. Ich würde mich mit dem beschäftigen, was mir Freude macht und versuchen, damit etwas Geld zu verdienen. Reicht dies nicht ganz, darf man immer noch ein bisschen freelancern zwischendurch. Das zählt nicht zum Sklaventum.

Aber mit Familie ist das etwas schwerer, zumal wenn wenige oder keine Reserven vorhanden sind. Allerlei Kosten müssen gedeckt werden und so darf ich dafür gerade stehen, dass monatlich ein kleiner Betrag, den ich für das Helfen erhalte, auf unser Konto fliesst. Von dort aus wird es just an Vermieter, Versicherungen und diverse Einrichtungen verschoben. Mit einem nicht zu unterschätzendem Teil unterstützen wir den Staat mit den Steuern.

Und doch lässt mir die Idee keine Ruhe. Obschon ich bloss noch vier Tage die Woche während acht bis elf Stunden einem Sklaven gleichkomme, möchte ich am liebsten gar nicht mehr dort sein. Auch andernorts nicht. Es gibt zu Vieles, was mir nicht passt, zu viele Kräfte werden intern für nichts in die Luft geprescht. Die jüngste Entwicklung in jene Richtung, dass selbst Teile der Pflegeberufe ohne Matura nicht mehr erlernt werden können, zieht sich durch alle Bereiche. Die ver- und überstudierten Wasserköpfe wachsen ins Uferlose. Bald ist niemand mehr in der Lage, etwas auszuführen. Alle können bloss noch managen. Ich mag nicht mehr. Ich will das tun können, was Freude macht und nicht das, was theoretische Hörsaal-Gurus für die ultimative Lösung halten.

Es wird sich ein Weg weisen. Das tut es immer. Und dabei heisst es Ohren und Augen offenhalten. Deswegen bin ich zuversichtlich und freue mich eigentlich jetzt schon, wenn ich der Sklaverei den Rücken zuwenden darf. Aber es braucht nebst einem guten Auge für allfällige Chancen auch den Mut, Geduld zu leben. Gut Ding will nicht primär Weile haben, aber den richtigen Moment will es erwischen.

2 Kommentare

  1. Paddy

    Interessante Ausführungen, denen ich mich in gewissen Punkten anschliesse. Manchmal allerdings steht uns auch lediglich die Sichtweise im Weg um das Positive im vermeintlich Negativen zu sehen. Als ein Punkt sei die Sicherheit genannt. Auch wenn ein Angestellter-Job längst nicht mehr so sicher ist wie vor 20 Jahren, er ist immer noch verhältnismässig sicher im Vergleich zu sehr vielen Do-It-Yourself-Jobs. Kopf hoch, Roman. 🙂

  2. RAFF

    Stimmt auch Paddy. Diese „Sicherheit“ ist auch oft der Grund, sich nicht Selsbtändig zu machen.

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